In eigener Sache:  #diesepraxiswürdefehlen

 

Nach drei schwierigen Jahren während der Corona-Pandemie, in denen wir alles daran gesetzt haben, die Versorgung unter schwierigsten Bedingungen aufrecht zu erhalten und die Impfkampagnen zu tragen, mussten wir in 2023 Umsatzeinbußen von rund 9% verzeichnen. Dies bei steigender Inflation, steigenden Kosten in allen Bereichen und steigenden Lohnkosten.

Dazu kommt, dass wir zu einer teils völlig dysfunktionalen Digitalisierung (eAU, eRezept...) gezwungen werden, die mit weiteren Kosten und Umstellungsprozessen verbunden ist, dabei aber unsere Abläufe in der Praxis verkompliziert, behindert oder  eine komplette Neustrukturierung der Prozesse erforderlich macht. 

 

Eine zusätzliche Belastung resultiert auch daraus, das immer öfter andere Praxen in der Umgebung ohne Nachfolge schließen, die dortigen Patienten wollen und sollen weiter versorgt werden, wozu wir prinzipiell bereit sind, aber auch hier ist eine Kapazitätsgrenze für uns erreicht. Allein in Baden-Württemberg sind derzeit gut 1000 Arztsitze unbesetzt, diese Arbeit wird von den verbleibenden Praxen zusätzlich gestemmt.

Ein schwerer Unfall meiner Frau mit anschließendem 5-monatigem krankheitsbedingtem Ausfall musste zusätzlich kompensiert werden und hat mir aufgezeigt, wie nah auch unsere eigene Praxis am Kollaps ist.

Wir haben all das bislang hingenommen und mit hohem persönlichen Einsatz bewältigt.

 

In dieser Situation erfahren wir nun im März 2024, dass die kassenärztliche Vereinigung rückwirkend (die Schlusszahlung steht noch aus) für das Quartal 4/2023 unsere Leistung nur anteilig vergütet - Budgetierung nennt sich das euphemistisch - Was würden Sie dazu sagen, wenn Sie ab so fort nur noch beispielsweise 90% ihres Gehalts oder ihrer Rente bekämen, weil ihr Arbeitgeber Ihnen sagt "sorry, das Geld reicht leider nicht" ???

Was würde wohl unser Vermieter sagen, wenn ich nur 90% der Miete überwiese ... "Sorry das Geld reicht leider nicht"....

 

Budgetierung bedeutet auch, dass wir nur einen bestimmten Betrag pro Patient und Quartal vergütet bekommen (der jetzt auch noch gekürzt wird) unabhängig davon, wieviele Termine im Quartal notwendig sind, um Sie angemessen zu behandeln. Für uns bedeutet das schon immer, das wir irgendwann im Quartal an einen Punkt kommen, ab dem wir umsonst arbeiten.

 

Für unsere Praxis heisst das, dass wir nun nicht nur körperlich ausgebrannt und erschöpft sind, sondern auch noch wirtschaftlich mit dem Rücken zur Wand stehen. Mitarbeiterinnen und auch wir Ärzte sind der Belastung kaum noch gewachsen. Für zusätzliches Personal steht kein Geld zur Verfügung, ausscheidende Mitarbeiterinnen können daher nicht ersetzt werden und es gibt kaum ärztlichen Nachwuchs. Den Job so, wie er momentan ist, will eigentlich niemand mehr machen.

 

Trotz allem ist eine Praxis ein Unternehmen, dass wirtschaftlich geführt werden muss und seine Mitarbeiter und Inhaber ernähren muss, Verbindlichkeiten müssen bedient werden. Unsere Arbeit muss deshalb adäquat vergütet werden, damit wir in der Lage sind, die bisherige Struktur aufrecht zu erhalten, weiter zu entwickeln und notwendige Investitionen zu tätigen.

 

Wir müssen deshalb jetzt persönliche Konsequenzen ziehen und unser Leistungsangebot ebenfalls "budgetieren".

Wir sind durch die aktuelle Situation wirtschaftlich gezwungen, nun (noch) mehr Patienten als bisher pro Quartal zu behandeln, weshalb für jeden Einzelnen insgesammt pro Quartal weniger Zeit bleibt. Im Grunde eine Inflation des Wertes ärztlicher Arbeit.

Dies bedeutet also auch bei uns künftig längere Wartezeiten in der Praxis und vor allem auf Termine, Wegfall oder Reduktion zeitnaher Termine, kürzere Termintaktung, sowie vor allem eine Budgetierung der Zahl der Termine, die pro Patient im Quartal zur Verfügung stehen können.

Eine Kompensation durch Mehrarbeit ist ausgeschlossen. Wir arbeiten bereits seit Jahren am Limit und auch wir sollen und wollen gesund bleiben.

 

Sie können uns aber in der aktuellen Situation unterstützen, indem Sie sich in die Hausarztverträge Ihrer Krankenkasse einschreiben. Hausärztverträge bedeuten für uns:

  • Keine Budgetierung
  • bessere Vergütung
  • vor allem zuverlässige Vergütung !
  • wirtschaftliche Sicherheit für die Praxis
  • Weniger bürokratischer Aufwand durch deutlich unkompliziertere Abrechnung
  • Wertschätzung unserer hausärztlichen Tätigkeit
  • Förderung von Qualifizierung der nichtärztlichen Mitarbeiterinnen
  • Freiwerdende Ressourcen, die wieder für die Patientenversorgung zur Verügung stehen

Bitte haben Sie daher Verständnis dafür, dass Patienten, die NICHT im Hausarztprogramm eingeschrieben sind (und über die budgetierte Schiene abgerechnet werden) künftig mit Einschränkungen des Terminkontingents zu rechnen haben.

 

#diesepraxiswürdefehlen